
In einer Zeit, in der jeder sein Essen fotografiert, ist der, der sein Essen filmt, schon ein paar Schritte weiter. Damit das Klettern auf der Skala der Fress-Verücktheit klappt, habe ich mal zusammengeschrieben, was ich über das Filmen von Foodporn gelernt habe.
Flammen in Superzeitlupe, darauf ein Wok, darin Nudeln. Alles am Straßenrand. Die Hand eines Kochs greift nach der großen Pfanne, in seinem Gesicht spiegeln sich die Lichter der Nacht. Er wirbelt die Nudeln durch die Luft, dann fallen sie in eine Schale.
Bilder im Kopf? Gut so. Bilder auf der Speicherkarte? Geht so:
7 Dinge, die ich beim Filmen von Foodporn gelernt habe.
1.Es kommt nicht aufs Equipment an.
Was nicht ganz korrekt ist. Weil gewisses Equipment bestimmte Dinge kann, die andere Geräte nicht draufhaben. Aber: Wenn man nicht weiß, wie man sein Equipment bedient, ist es egal, was die Geräte können. Deshalb: Das Wichtigste ist, dass man seine Kamera kennt und weiß, in welchen Situationen sie wie am besten funktioniert. Um das zu lernen, gibt es den theoretischen und den praktischen Teil. Die Theorie liefert einem Youtube – dort gibt es zu jedem kreativen Gerät Anleitungen und Problemlösungen. Einfach suchen, was man braucht. Der praktische Teil kommt jetzt.
2. Es gibt kein schlechtes Material.
Das Schöne am Filmen ist, dass das Material geduldig ist. Von einer Minute Film muss nicht jede Sekunde sitzen, jede Einstellung scharf sein – solange wenigstens ein paar Sekunden toll sind, reicht das für den Schnitt. Und mit der Erfahrung kommt die Routine. Und so werden es mit der Zeit immer mehr wunderschöne Sekunden. Deshalb: Nicht lang schnacken, Kamera packen.
3. Mehr ist mehr
Foodporn heißt nicht, dass man nur das fertige Gericht sieht. Foodporn hat einen Anfang, einen Mittelteil, ein Ende. Es geht los mit dem Ort, der Umgebung, dem Herd, den Küchenutensilien. Dann wird’s persönlich: der oder die Köchin, das Personal, die Gäste. Das Ausgangsmaterial, die Lebensmittel im ungekochten Zustand. Dann die Action, das Schneiden, Zubereiten, Brutzeln, Schwenken, Anrichten. Das Servieren. Die Gabel, die in das Gericht eintaucht. Will sagen: Die Kamera sollte immer mitlaufen. Mehr Material ist besser als zu wenig. Es ist ein herrliches Gefühl, nach dem Urlaub am Rechner zu sitzen, durch das gedrehte Material zu scrollen und zu merken, dass man nix vergessen hat.

4. Sei kein Arsch
Du kennst dein Equipment, stehst in Bangkok mit Deiner Kamera vor einem Streetfood-Koch und weißt, was zu tun ist. Doch irgendwie passt es baulich nicht, der Koch steht mit dem Rücken zu Dir. Hier kommt das Zwischenmenschliche ins Spiel. Denk immer dran: Keiner hat auf Dich gewartet. Kochen auf der Straße ist ein Knochenjob, der größte Konzentration erfordert: Denk nur mal an das Gas, die Flammen, die Kühlung der Lebensmittel, die Tiere und den Verkehr drumherum – und dann kommt auch noch der hundertste Touri und will Bilder machen. Deshalb mein Tipp: Augenkontakt herstellen, lächeln, auf die Kamera zeigen und „Okay?“ fragen. Die Reaktion, zumindest in Thailand, ist immer die folgende: Der oder die Köchin lächelt, nickt – und performt für die Kamera. Streetfood-Köche wissen genau, was sie tun müssen, damit ihre Kunst auf Film gut aussieht. Dazu gehört, dass sie Dich auch näher an sich ranlassen. Das machen sie dann auch. Sie würden nur gerne vorher gefragt werden.

5. Ohne Ton sieht‘s schlecht aus
Ich filme Foodporn immer in Slowmo, also in 120 Bildern pro Sekunde. Das sieht einfach am schärfsten aus. Meine Panasonic GH5 ist dafür perfekt, weil sie sogar 180 Bilder pro Sekunde schafft (was bei Flammen sehr empfehlenswert ist) und weil ihre In-Kamera-Stabilisierung jeglichen Kauf eines Schwebestativs überflüssig macht. Aber: Wer Slowmotion filmt, hat keinen Ton. Die Kameras nehmen keinen Sound auf, wenn die Bilder langsam laufen. Niemand will schöne Bilder ohne Zisch-, Hack, -Brutzelgeräusche. Ohne den Umgebungs-Sound, ohne Atmosphäre, ohne die Stimme der Streetfood-Köchin. Deshalb meine Empfehlung: Audiorecorder! Ich benutze einen Zoom H4n Pro. Den schalte ich ein, sobald ich den Streetfood-Stand sehe. Dann spreche ich kurz ins Mikro, wo ich bin, damit ich die Datei später den richtigen Bildern zuordnen kann. Und dann stecke ich es in die Brusttasche meines Hemds und lasse das Ding einfach laufen, bis ich aufgegessen habe.
Musik ist das Salz in der Suppe. Mein Tipp: Für zehn Euro im Monat Epidemic Sound abonnieren. Dann erhält man Zuganz zu Tausenden Liedern (und Soundeffekten) aus allen Stilrichtungen, die man auf YouTube, Facebook und Instagram verwenden darf.

6. Es geht ums Essen
Klingt jetzt wenig überraschend. Ist aber so gemeint: Lass Dich durch die Kamera und den Soundrecorder nicht davon ablenken, den Moment zu genießen. Entwickel eine Routine, die Dir ermöglicht, quasi nebenbei zu filmen. Kommuniziere, mach Scherze, Komplimente. Bleib fasziniert und neugierig, lass Dich auf den Geruch und die Stimmung ein, achte darauf, wie das Personal miteinander umgeht, beobachte, rieche, spüre die Situation. Störe nicht. Nochmal: Sei kein Arsch. Und dann beiß rein. Und schließe die Augen. Und freu Dich des Lebens. All das schlägt sich automatisch auf den Bildern nieder.

7. Menschen, Tiere, Dimensionen
Zum Schluss ein technischer Teil: Du hast was Schönes gefilmt, bist zurück in der Heimat, der Film ist geschnitten. Nun geht’s an Abspeichern. Generell empfehle ich, den Film als Originaldatei zu exportieren, das ist die größtmögliche Variante mit der besten Qualität. Für Youtube und Facebook sind die Standard-Dimensionen (1920×1080) perfekt.
Wenn man jetzt aber den fertigen Film auf Instagram (als Story oder bei IGTV) veröffentlichen will, sollte man das Querformat in Hochformat umwandeln, weil es einfach unglaublich praktisch für den Betrachter ist, wenn er sein Smartphone nicht um 90 Grad drehen muss. Das geht (in Final Cut Pro X) so: Markiere den kompletten Schnitt, also einfach Steuerung/command/Apfel+A drücken. Dann das alles kopieren (+C). Dann ein neues Projekt erstellen, es benennen und statt 4K auf Eigene gehen. Dann die Dimensionen (1920×1080) umdrehen (1080×1920), 24 Bilder pro Sekunde auswählen, fertig. Nun den kompletten Schnitt in die jetzt hochformatige Bühne einfügen (+v). Jetzt jedes einzelne Bild auf 320 Prozent skalieren. Gegebenenfalls das Material nach links oder rechts verschieben, um das Wichtigste zu zentrieren. Schriften anpassen. Und dann exportieren und am besten per AirDrop aufs Handy schicken.

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