
Ein Teil des Hauptgangs im Bo.Lan: getrocknetes Rindfleisch und knuspriger Fisch mit Gemüse aus Bo.Lans Garten
Im Dezember 2017 hat der renommierte Restaurantführer Guide Michelin erstmals Sterne an 16 thailändische Lokale in Bangkok verliehen. Nur sieben davon bieten thailändische Küche an. Eins davon ist Bo.Lan – ich war dort.
Mein Testbericht über „Bo.Lan“
Eine kleine, dunkle Gasse geht von der Sukhumvit Soi 53 ab. Sie führt zu einem wunderschönen Gebäude – gläserne Wände, gedämpftes Licht, ein Pool, Garten. Die Hochhäuser, die Metropole drumherum, sie scheinen verschwunden. Es ist, als würde man auf Zivilisation im Dschungel treffen, auf ein märchenhaftes Domizil, das von friedfertigen Menschen bewohnt wird.

Dieser Weg führt zum Eingang
Und so ist es: Am Eingang steht Nok, sie empfängt Gäste, fragt Namen ab, checkt Reservierungen und bringt einen in die Lounge. Dafür drückt sie einen Knopf an der Wand, woraufhin eine Glastür aufgeht, die man gar nicht wahrgenommen hat.

Der Empfangstresen
Dann setzt man sich auf einen der Sessel und beginnt, den Raum wahrzunehmen: im Bo.Lan ist es dunkel, aber nicht düster. Die Wände im Inneren sind sumpfgrün, an der Decke hängen Korbgeflechte. Spots scheinen hinab auf die kleinen Tische – alles sehr cool, ohne cool sein zu wollen.

Die Lounge
Kaum haben die Augen sich an die Umgebung gewöhnt, geht vor einem eine Bedienung in knielanger Hose und Pulli in die Hocke. Begrüßung, dazu die Ankündigung, dass es gleich losgeht, man vorher aber noch einen Begrüßungsdrink und was zu knabbern kriegt. Es kommen ein silberner Becher mit Wasser, Süßkartoffelchips, Popcorn, Erdnüsse und ein feuchtes Handtuch, das Menü, die Wein- und Getränkekarte.

Snacks
Zur Wahl stehen abends: Balance (zwölf Gänge für 2680 Baht/69 Euro), Botanicals (elf pflanzliche Gänge für 2680 Baht/69 Euro) und Feast (14 Gänge für 3280 Baht/84 Euro). Das Mittags-Menü (sechs Gänge, nur am Wochenende) kostet 1200 Baht/31 Euro. Ich wähle Feast. Und dazu weder Weinbegleitung (2500 Baht/64 Euro) noch Säfte (600 Baht/15 Euro) – ich nehme die Bierbegleitung (vier Gläser) für 1200 Baht (30 Euro). ES GIBT HIER EINE BIERBEGLEITUNG!
Wenn man dann da so sitzt und an das denkt, was gleich passieren wird, reißt einen eine Kellnerin aus dem Traum. Man möge doch aufstehen, es gehe jetzt los, aber nein, nicht in den großen Raum, wo die anderen essen, bitte dem jungen Thai mit der Kerze in der Hand in einen stockdunklen Gang folgen. Jetzt beginnt die Magie. Es wird still, stockfinster, ohne die Kerze wäre man blind. Dann springt eine Automatiktür auf, elektrisches Licht blendet die Augen, aus der Stille wird Lärm, es ist Küchenlärm, man steht plötzlich mitten im Herzen des Restaurants. Es ist, als würde sich ein Karussell in der Nacht selbst anschalten und beginnen zu drehen.

Chef Dylan Jones
Ehe man zu sich kommt, nähert sich von links ein Australier mit Brille und großen Händen, die rechte reicht er einem und zeigt damit gleichzeitig in die Richtung, in die man gehen soll. Mehrere Kochaugenpaare blicken einen an, es rappelt und kesselt und klimpert und geschirrt. Der Mann mit den großen Händen stellt sich vor, es ist Dylan Jones, einer der Chefs von Bo.Lan. Er betreibt den Laden mit seiner Frau Duangporn „Bo“ Songvisava. Wir stehen uns an einer silbernen Arbeitsplatte gegenüber. Er schaltet einen Reiskocher an, daneben wartet ein Stück Mango. Er liebt Thaifood, ich liebe Thaifood. Er empfiehlt mir noch vor dem ersten Bissen, doch mal das Restaurant Gaa in Bangkok auszuprobieren, das sei richtig gut. Ein Signalton, der Reis ist fertig, Dylan gibt ihn auf einen Porzellanlöffel, streut geröstete Kokosnuss drüber. Erst isst man das, dann das Mangostück. Es ist quasi Mango mit Klebreis, nur noch feiner.

Blick in den Speiseraum
Und schon folgt der Abschied, plötzlich ist der junge Mann wieder da, diesmal ohne Kerze, die nächste Tür springt auf und spuckt einen im Loungebereich wieder aus. Ich habe bei all der Reizüberflutung kurz die Orientierung verloren und fühle mich wie Alice im Wunderland. Gut, dass mich Nok nun in den großen Raum mit den Esstischen führt. Der ist etwas heller und schlichter gestaltet, die Deko ist draußen, man sieht sie durch die gläsernen Wände: Pool, Garten, Pflanzen, Lichter.

Der Pool im Restaurant-Garten
Nun kommt Malin, die Kellnerin aus dem Isan (bei Surin). Sie sagt auf Deutsch „guten Abend“ (der Mann ihrer Schwester ist Deutscher) und bringt mir erst ein Hefeweizen aus Chiang Mai, dann Reisschnaps mit sauren Früchten und Mundspray aus Palmwedelextrakt. Bitter, sauer, fruchtig, süß.

Bier Nummer 1

Der Schnaps-Gang
Das erste Amuse Bouche (Häppchen): Mango mit drei Salzen, Schwein mit Chilli, Pilze im Bananenblatt. Süß, salzig, sauer, scharf.
Das zweite Häppchen ist ein Trio aus einer exotischen Frucht, deren Name auch nach drei Nachfragen unklar bleibt, Rindercurry und Reissalat mit Tamarindensoße. Dazu gibt’s das zweite Bier, ein fruchtiges Asoke Pale Ale. Wieder sind die Aromen ausbalanciert.
Dann kommt die Bo.Lan-Version einer scharfen Reisnudelsuppe mit Schwein, Schrimp, Hühnerleber, Koriander. Ich muss zum ersten Mal vor Glück die Augen schließen – Gott, ist das gut!
Seit meinem Erscheinen sind 43 Minuten vergangen, die sich wie fünf anfühlen. Aus den Boxen suppen skurrilerweise thailändische Coverversionen von Welthits. Alle Gerichte kommen übrigens nicht heiß an den Tisch, sondern leicht abgekühlt, so dass man sofort reinbeißen kann. Gefällt mir.

Teil des Hauptgangs: Curry mit Schweinerippchen und gegrilltem Fisch
Dann geht’s weiter mit den nächsten sechs Gängen. Die kommen alle auf einmal – „family style“ nennt man das, weil in thailändischen Familien alle Gerichte gleichzeitig serviert und gegessen werden. Es handelt sich dabei um gegrilltes Schwein mit Früchten und Chilidressing, Kürbis mit Fisch-Füllung und Krabbenfleisch, Curry mit Schweinerippchen und gegrilltem Fisch, getrocknetes Rindfleisch und knuspriger Fisch mit Gemüse aus Bo.Lans Garten, Kokosnusssuppe mit Glasnudeln, Huhn und Shrimps. Und noch ein kleines Häufchen Gurkengemüse, zweierlei Reis und das dritte Bier: A Go Go (IPA).

Kürbis mit Fisch-Füllung und Krabbenfleisch

Gegrilltes Schwein mit Früchten und Chilidressing

Kokosnusssuppe mit Glasnudeln, Huhn und Shrimps

Gurkengemüse
Um 21.30 Uhr gibt’s den ersten Nachtisch: ein Glas gefrorenen Palmsirup. Dann Reisbrei mit Kokosnuss – herrlich süß und knautschig. Dazu das letzte Bier: Chao Phraya Stout, das so dunkel ist, als wäre es wirklich mit dem Wasser aus Bangkoks Fluss gebraut worden. Schmeckt aber!
Dann ist Schluss im großen Raum, eine Kellnerin bringt mich zurück zum Anfang, zurück in die Lounge, zurück auf meinen Sessel. Und stellt mir zwölf Süßigkeiten hin, fast alle kokosnussig, knusprig oder klebrig.
Nach zwei Stunden und 16 Minuten verlasse ich Bo.Lan, Dylan taucht aus dem Nichts auf und verabschiedet mich. Ich steige bei einem Motobike-Taxler hinten drauf und lasse mich in die Nacht düsen. Sehr glücklich, sehr satt und irgendwie auch sehr nachdenklich – was genau habe ich da gerade erlebt? Das Märchen von Bo und Lan …
Thaifoodjunkie-Bewertung
Erreichbarkeit: Zu Fuß vier Minuten von der BTS-Station Thong Lo weg. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag von 18 bis 22.30 Uhr, am Wochenende von 12 bis 14.30 Uhr. 10/10 Punkten.
Ambiente: Drinnen wie in einem Kill-Bill-Set. Draußen wie im Dschungel. Hippe Gegend. 10/10 Punkten.
Service: Still, aufmerksam, herzlich. Bestes Englisch. Namen gewisser exotischer Zutaten lassen einen allerdings ratlos zurück. 9/10 Punkten.
Angebot: Drei Abend-Menüs, ein Mittagsmenü. Alte thailändische Rezepte. 9/10 Punkten.
Wartezeit: Zehn Minuten zu Beginn. Es gibt 50 Plätze, es werden aber nur zehn Gäste alle 30 Minuten zugelassen. Deshalb kommt das Menü sehr schnell. 9/10 Punkten.
Geschmack: Fantastisch. Die Kokosnussuppe mit Glasnudeln ist das Einzige, was auf der Straße besser schmeckt. 9/10 Punkten.
Suchtfaktor: 10/10.
Ergebnis: 66 von 70 möglichen Punkten.
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